Der präventive Restrukturierungsrahmen (StaRUG)
Wie zuvor in meinem Artikel „Covid-19 und die Insolvenzwelle – Ab Oktober gelten neue Regeln“ beschrieben, müssen sich Unternehmer stets mit den aktuellen Rahmenbedingungen des Insolvenzrechts auseinandersetzen. So gilt bekanntlich seit dem 1. Oktober wieder die Pflicht der Insolvenzanmeldung für Unternehmen, welche zahlungsunfähig sind. Dies war zuvor von der Bundesregierung mit Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise ausgesetzt worden, um eine Insolvenzwelle zu vermeiden. Das zweite Insolvenz-Kriterium hingegen, Überschuldung, bleibt weiterhin ausgesetzt – nach derzeitigem Stand – bis zum Jahresende.
Mitte September hat nun das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) einen Referentenentwurf zur Weiterentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts vorgelegt. Neben Änderungen hinsichtlich der bestehenden Insolvenzordnung, ist dort ein Vorschlag zur präventiven Restrukturierung von Unternehmen als finanzwirtschaftliches Restrukturierungsinstrument enthalten. Das Gesetz nennt sich „StaRUG“ (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen).
Was verbirgt sich hinter dem geplanten StaRUG und wem hilft dies?
Es handelt sich hierbei, aus meiner Sicht, um ein innovatives, in jedem Fall neuartiges Verfahren, mit dem Ziel, Unternehmen welche noch zahlungsfähig sind (!) einen rechtlichen Rahmen zur Sanierung zu geben. Häufig ist es doch aktuell leider so, dass Unternehmen in diesem Krisenstadium eher abgewickelt und verramscht werden als sie zu sanieren und zu retten. Zentrales Instrument ist ein Restrukturierungsplan, ähnlich dem heute schon verwendeten Insolvenzplan (gem. §§ 270 ff. InsO), welcher die Unternehmenssituation beschreibt, die erforderlichen Maßnahmen zur Restrukturierung darstellt und Aussagen zur den Erfolgsaussichten darlegt und mit einem integrierten Finanzplan untermauert.
Eine Besonderheit ist, dass einzelne Gläubiger aus dem Plan ausgeschlossen werden können, d. h. im Zahlungsverhalten ganz normal weiter bedient werden können (wie z. B. der Bäcker um die Ecke). Eine weitere Besonderheit ist, dass das Verfahren unter gewissen Gesichtspunkten auch “nicht öffentlich“ erfolgen kann, d. h. ohne Veröffentlichungen durch das Gericht, wie es bei herkömmlichen Verfahren unumgänglich ist. In diesem Fall sind allerdings die rechtlichen Instrumente (Stabilisierungsmaßnahmen) eingeschränkt, z. B. hinsichtlich der Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen sowie der Umsetzung von Aus- und Absonderungsverboten.
Eine nicht unwesentliche Randbedingung im Gegensatz zu anderen Verfahren (der InsO) ist allerdings, dass bestimmte arbeitsrechtliche Maßnahmen nicht umgesetzt werden können. Dies sollte die Arbeitnehmervertreter freuen.
In bestimmten Fällen soll ein sogenannter Restrukturierungsberater (gerichtlich) eingesetzt werden, z. B. wenn die o. g. Stabilisierungsmaßnahmen zum Einsatz kommen, oder Kleinunternehmen am Verfahren beteiligt werden sollen. Die Rolle des Restrukturierungsberaters ist dem eines Sachwalters im Rahmen der insolvenzrechtlichen Eigenverwaltung ähnlich, aber nicht gleich.
Möglich und vorgesehen ist auch die optionale Einsetzung eines gerichtlich bestellten Sanierungsmoderators, der in der frühen Phase der Restrukturierung helfen soll, eine einvernehmliche Lösung zu verhandeln.
Wann soll das Gesetz in Kraft treten und kann dies eine Insolvenzwelle verhindern?
Aus dem Referentenentwurf geht hervor, dass es bereits am 1. Januar 2021 in Kraft treten soll, also pünktlich zum Ende der aktuellen Laufzeit des Moratoriums hinsichtlich der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht mit dem Kriterium „Überschuldung“ für Unternehmen, welche durch die Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind.
Das Instrument der präventiven Restrukturierung ist m. E. ein interessantes Instrument und sollte in geeigneten Fällen genutzt werden um herkömmliche, mit negativem Image behaftete Insolvenzverfahren zu vermeiden. Hierdurch werden zahlreiche Unternehmen gerettet werden können und für jeden einzelnen Fall lohnt es sich diese Option zu betrachten. Eine Insolvenzwelle wird hierdurch dennoch nicht vermeiden können. Wesentlich hierfür ist – neben einer Einschränkung des Instrumentariums hinsichtlich arbeitsrechtlicher Maßnahmen – vor allem die Tatsache, dass die Regelungen des StaRUG nicht für zahlungsunfähige Unternehmen zum Einsatz kommen können. Zahlungsunfähigkeit aber ist nach wie vor der bei weitem häufigste Insolvenzgrund.